Streit um den Boden eines Klosters Mor Gabriel

Türkei Von Rainer Hermann, Istanbul

Streit um den Boden eines Klosters

03. September 2008 Drei kurdische Dörfer erheben Anspruch auf den Boden, auf dem das Kloster Mor Gabriel steht, das geistliche Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei. Die Ortsvorsteher der drei Dörfer haben eine Anzeige gegen das Kloster erstattet und wollen sich dessen Grund über einen Strafprozess aneignen.
Sie argumentieren, das Kloster habe ihre Dorfgrenzen verletzt und hundert Hektar Eichenwald sowie Weideland besetzt, auf dem sie 3500 Schafe und 1000 Kühe weiden lassen wollten. In der Anzeige heißt es ferner, das Kloster besitze mehr Land, als die Gläubigen zum Beten benötigten. Das Urteil des Gerichts wird in diesen Tagen erwartet.

In weiten Teilen der Türkei gibt es keine Grundbücher
Das Kloster Mor Gabriel hat in den vergangenen Jahren Mauern errichtet, um seine landwirtschaftlichen Anbauflächen und Wälder zu schützen, nachdem zuvor illegal Bäume gefällt und Gärten, die außerhalb der Klostermauern liegen, zerstört worden waren. Da in weiten Teilen der Türkei keine Grundbücher Auskunft über die Eigentumsverhältnisse geben, kommt es oft zu Streit über Grundstücksfragen.
Das Kloster beruft sich auf seinen Status als Stiftung, auf osmanische Eigentumstitel und auf Dokumente, in denen die kurdischen Großgrundbesitzer nach dem Zweiten Weltkrieg bestätigt haben, dass der heute umstrittene Boden Teil des Klosters ist.

Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen
Zudem verweist das Kloster darauf, dass der Landrat vor wenigen Jahren auf dem umstrittenen Grund dem Bau eines Helikopterlandeplatzes und eines Fußballfelds für die Jugendlichen zugestimmt hatte, die im Kloster leben. Damals hätten die drei kurdischen Dörfer keinen Einspruch erhoben.
In dem Kloster leben etwa 75 Mönche, Nonnen und Lehrer sowie 30 Schüler, die im Kloster in der aramäischen Sprache Turoyo unterrichtet werden. Nach umfangreichen Renovierungen in den vergangenen dreißig Jahren ist das Kloster wieder zu einem lebendigen geistlichen Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen geworden.

Notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
Das Kloster sei 397 gegründet worden, viele Jahrhunderte bevor es in der Region kurdische Dörfer gegeben habe, sagte der Stiftungsvorsitzende von Mor Gabriel, Kuryakos Ergün. Er wirft den Dorfvorstehern vor, sie hetzten die lokale Bevölkerung gegen die syrisch-orthodoxen Christen auf, die ja ebenfalls türkische Staatsbürger seien, um sich deren Grund anzueignen. Ergün kündigte an, notfalls alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auszuschöpfen. Kurdische Dorfvorsteher wie jene, die die Klage eingereicht haben, genießen häufig die Unterstützung lokaler Armeekommandanten, wenn sie im Krieg gegen die PKK auf der Seite des türkischen Staats stehen.


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